Was tun, wenn eine Abschiebung droht?

Alter:

 ab 10 Jahren

Bereich:

 Ethik, Geschichte, Kunst, Philosophie, Politik, Religion

Themen:

 Angst, Asyl, Flucht

Im Kurzfilm „Eine Giraffe im Regen“ (12 Min. ab 6 Jahren) muss die mutige Giraffe aus dem Land des Löwen fliehen und landet in Europa, wo in letzter Minute vor der Abschiebung gerettet wird. Streamen Medienzentrale, die Arbeitshilfe zum Film

Wir haben in der Praxis erlebt, wie belastend die Ankündigung einer Abschiebung von Kindern und Jugendlichen für diese selbst, aber auch für Lehrkräfte und Mitschüler*innen ist. Aus ihrer Sicht ist die Entscheidung der Behörden oft nicht nachzuvollziehen.

Und tatsächlich haben wir schon in vielen Fällen berechtigterweise und mit Erfolg Einspruch erheben können. Denn das ist das gute Recht oder sogar die Pflicht der Nahestehenden, weil oft nur so ein Unrecht erkannt werden kann. Wenn niemand den Mund aufmacht und den Finger hebt, sind die Bedrohten allein.

Hier die wichtigsten Fragen, die Sie zunächst klären sollten.

  • Wir die Person von einer Beratungsstelle / einem Rechtsanwalt betreut? Hier können Sie sich erste verlässliche Informationen holen, auf die alle weiteren Schritte aufbauen können?
  • Wenn kein Rechtsanwalt oder kein erfahrender Rechtsanwalt eingeschaltet ist, ist das dringend notwendig.

Schüler*innen der Stadtteilschule Wilhelmsburg starten eine Petition gegen die Abschiebung ihres ehemaligen Mitschülers Aleksa Muncan nach Serbien. Er lebt hier seit sechs Jahren und ist sehr gut integriert, jedoch nach Bescheid der Ausländerbehörde „vollziehbar ausreisepflichtig“ Quelle: Inselrückblick 06.02.2025Petition unterschreiben

Solidarität: Favour soll leben

11/2008

FRIEDENSBAND kann Abschiebung verhindern Favour war in ihrer Heimat Nigeria als 15jährige im Gefängnis schwerster Vergewaltigung ausgesetzt. Sie wurde von Ordensschwestern gerettet, konnte nach Deutschland kommen. Jahre dauerte ein vorsichtiger Genesungsprozess. Bald begann sie wieder zu sprechen. Mit 17 wurde sie in der Hauptschule so gut, dass ein Abschluss möglich schien – da kam die […]

FRIEDENSBAND kann Abschiebung verhindern

Favour war in ihrer Heimat Nigeria als 15jährige im Gefängnis schwerster Vergewaltigung ausgesetzt. Sie wurde von Ordensschwestern gerettet, konnte nach Deutschland kommen. Jahre dauerte ein vorsichtiger Genesungsprozess. Bald begann sie wieder zu sprechen. Mit 17 wurde sie in der Hauptschule so gut, dass ein Abschluss möglich schien – da kam die Abschiebeandrohung und die Gefahr, in die Hände ihrer Vergewaltiger zurückgeschoben zu werden. Die Leitung des Heimes in Hessen wendete sich an FRIEDENSBAND. Wir gaben ihre Geschichte buchstäblich in die Hände der Jugendlichen. Die waren entsetzt und wollten sofort für Favour kämpften.

Aufruf Favour soll leben

Die Jugendlichen berührte vor allem, das Favour einen psychischen Zusammenbruch erlitten hatte und das Sprechen eingestellt hat. Sie konnten sich so gut hineinversetzen in die etwa Gleichaltrige und beschlossen Bilder zu malen. Es wurden Hunderte aufmunternde Plakate, die gerade auch von den Jungen liebevoll gemalt wurden. Dabei beschäftigten sich die Jugendlichen in kleinen Gesprächsrunden viel mit dem Thema sexuelle Gewalt.

Die Jugendlichen schrieben Briefe an die Verantwortlichen, schwärmten aus und besuchten die Klassen an der eigenen und an umliegenden Schulen, spendeten ihr Taschengeld, um für einen Rechtsanwalt zu sammeln.

Besonders berührte uns die Aktion, die wir im Jugendvollzug Düsseldorf machen durften. Die Jugendlichen, die durchaus auch wegen sexueller Gewalt Strafen absaßen, waren tief betroffen und beteiligten sich stark.

Besonders berührend auch die Aktion in einer BUS-Klasse, also Jugendlichen die ihre Schule abgebrochten und auf eine berufliche Laufbahn vorbereitet wurden. Sie malten mit Hingabe liebevolle Bilder mit Herzchen.

Die Plakate wurden in Favours Zimmer gehängt, in dem sie apathisch auf dem Boden saß.  Als sie die vielen Plakate sah, sprang sie auf und tanzte vor Freude. Sie nahm die Liebe an und fühlte sich gestärkt.

Das wiederum machte die Jugendlichen glücklich,  die sich für sie eingesetzt hatten und ihre Aktion jetzt umso mehr verstärkten. Am Ende schaffte die neue Rechtsanwältin die Aufhebung des Abschiebebeschlusses, Favour konnte bleiben. Sie beendete tatsächlich die Schule.

Presseerklaerung-EinHerzfuerFavour

 

Hier eine aktuelle Aktion in Hamburg für die 12-jährige Chanelia der die Abschiebung droht. Ihre Mit­schü­le­r:in­nen kämpfen mit ihrer Klassenlehrerin dafür, dass sie bleiben darf. Hier geht es zur Petition

Wir veröffentlich hier gern eure Aufrufe, damit sie mehr Unterstützung finden. Wir wollen erfolgreich sein! Meldet euch unter team@einmischen.jetzt

Generell gilt, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes als vorrangig zu berücksichtigen ist. Die Abschiebung ist für betroffene Kinder eine enorme Belastungssituation. Daher ist der unmittelbare und direkte Kontakt zwischen Eltern und
Kindern sicherzustellen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sollten die Kinderschutzbestimmunen stets Vorrang gegenüber den Regelungen des Ausländerrechts haben. Das ist leider nicht immer der Fall.

a) es handelt sich um eine staatliche Einrichtung – weiterlesen

Hält sich der/die Geflüchtete in einer öffentlichen Schule auf, kann die Polizei diese zwar betreten, muss aber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten: Sie darf weder den Geflüchteten vor den Mitschüler*innen bloßstellen, noch Unruhe in die Einrichtung tragen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist verletzt, wenn die Polizei eine Abschiebung aus
dem Unterricht heraus vornimmt. Die Zustimmung der Leitung der Schule ist zwar nicht erforderlich, aber die Polizei muss ihren Einsatz mit ihr abklären.

b) es handelt sich um eine private Einrichtung – weiterlesen

„Handelt es sich bei den Räumen um eine Privatschule, einen privaten Kindergarten, eine sonstige private Einrichtung, greift der Grundrechtsschutz von Art. 13 GG ein. Hier bedarf es regelmäßig der Erlaubnis des Schulleiters oder Betriebsinhabers oder eines
richterlichen Beschlusses, dass die Polizei die Räume betreten darf.“

c) Die Familie ist bereits in Abschiebehaft – weiterlesen

Sofern die Polizei den Geflüchteten in Abschiebungshaft nimmt, ist nicht das Verwaltungsgericht zuständig, sondern das Amtsgericht. Für die dort
erfolgende Anhörung kann eine Person des Vertrauens zugezogen werden.

Die Schul- oder Kitaleitung muss bei der Vorbereitung der Abschiebung nicht kooperieren. Schulleitungen müssen Anfragen der Polizei, wann ein/e Schüler*in Unterricht hat und wo sie/er anzutreffen sei, nicht beantworten.

§ 87 Aufenthaltsgesetz, in dem die Übermittlung von Daten an Ausländerbehörden
geregelt ist, nimmt öffentliche Schulen und Bildungseinrichtungen ausdrücklich aus. „Im Falle einer polizeilichen Anfrage ist der Angefragte berechtigt, hiervon den Betroffenen zu unterrichten. Es besteht keine Schweigepflicht. Das Verbot, eine Abschiebung vorher anzukündigen, betrifft nur die Ausländerbehörde. Der Unterrichtende hat auch keine Sanktionen zu befürchten, falls aufgrund seiner Information die geplante Abschiebung nicht oder nicht wie vorgesehen durchgeführt werden kann.“

Für Privatschulen gibt es überhaupt keine Übermittlungspflicht!

Ältere Jugendliche: Vermittlung in eine Ausbildung – Weiterlesen

Die Ausbildungsduldung § 60a Abs. 2 Satz 4ff AufenthG besagt, dass Personen, über deren Asylantrag negativ entschieden wurde, einen Anspruch auf Erteilung einer
Duldung haben, wenn sie eine qualifizierte Berufsausbildung
in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar
geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnehmen oder aufgenommen haben. Das umfasst schulische und betriebliche Ausbildungsformate.

Hat die Familie einen Rechtsanwalt? Wir haben oft erlebt, dass hier im Vorfeld Fehler gemacht, Fristen versäumt, Einsprüche nicht gestellt wurden. Schalten sie eine Flüchtlingsberatungsstelle ein. Sie finden sie bei PRO ASYL.

Wie ist die Anbildung des Kindes oder der Eltern in Ihrer Einrichtung. Oft lösen sich diese Fragen sehr schnell, weil die entscheidenden Schritte von Miteltern übernommen werden. Es gibt zahlreiche erfolgreiche Beispiele für Initiativen gegen eine Abschiebung.

Sprechen Sie mit Ihren Abgeordneten (Rat/Landtag/Bundestag/EU), laden Sie sie ein und lassen Sie sich von ihnen über die möglichen politischen Aktivitäten beraten.

Beziehen Sie örtliche „Würdenträger*innen (kirchliche, städtische, schulische oder aus dem Sport) ein.

Sie haben vermutlich Kontakte zu den örtlichen Medien. Nutzen Sie sie, lassen Sie sich beraten, auch in Bezug auf die überregionalen Medien. Auch dabei unterstützen Sie Beratungsstellen.

Kreative Protestaktionen sorgen für Aufmerksamkeit (Lichterkette, Straßentheater, Fußgängerzonenaktion, Demonstration vor dem Landtag, usw.), Unterschriftenlisten unterstreichen das Anliegen.

Das Petitionsrecht steht jedem Menschen in Deutschland zu. Es ist ein ganz besonders wichtiges Bürgerrecht in unserer Demokratie und oft erfolgreich. Wir jedenfalls haben sehr gute Erfahrungen damit in NRW gemacht. Suchen Sie auf der Webseite Ihrer Landesvertretung nach den Möglichkeiten – meist geht es auch online.

Auch der Bundestag hat einen Petitionsausschuss und ebenfalls das Europäische Parlament

Eine weitere Möglichkeit bietet die Härtefallkommission in Ihrem Bundesland. Hierzu finden Sie hier Informationen

Kirchenasyl ist ein uraltes Recht, dass in der Regel vom Staat akzeptiert wird. Ziel ist, eine Abschiebung zu verhindern, wenn noch Bedarf an Klärung ist. Weitere Informationen finden Sie hier.

Sorgen Sie dafür, dass der Jugendliche/das Kind, weiterhin wie gewohnt in die Schule gehen kannt. Die akute Bedrohungssituation ist auch psychisch eine sehr belastende Situation für das Kind und für die Eltern – wer kann hier zur Seite stehen? Die Mitschüler*innen können hier eine wichtige Rolle spielen, auch andere Eltern. Gibt es Beratungsstellen oder anderweitig erfahrene Kolleg*innen, die Unterstützung anbieten können?

Rechtsanwaltliche Unterstützung kostet in der Regel. Sammeln Sie Geld (Spendenfonds, Solidaritätskonto, Benefizveranstaltungen usw.) Erörtern Sie ob Kirchenasyl eine Option ist.

Flüchtlingsrat / GEW Niedersachsen

GEW Berlin

Flüchtlingsrat / GEW Sachsen-Anhalt

GEW Baden-Württemberg

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2 Kommentare
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Wow, tolle Arbeit, klasse! Danke für euren wertvollen Beitrag. Ich hoffe, viele Schulen und Kitas machen davon gebrauch. Es fehlt das Bewusstsein, dass man als Einrichtungsleitung sein/ihr Hausrecht einsetzen kann. KollegInnen müssen sensibilisiert und ermutigt werden. Schickt eure Ausarbeitung an alle Schulen und Kitas. Was ist mit anderen Einrichtungen (Krankenhaus, Altenheim, Internaten, etc?)
Beste Grüße
Silvio Ströver

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